Tag eins:
Boah - was hab' ich Ferien nötig! Selten so stark wie jetzt. Seit April habe ich keine richtigen Ferien mehr gemacht, ausser die paar Tage in Venedig.
Ich also schnell fertig gepackt, Wohnung so halb geputzt, noch flink zum Friseur (man muss ja schon eine gute Falle machen in den Ferien...) und los.
Nun gut, es wird Samstag Nachmittag, bis ich los kann. Candy geladen, Tank gefüllt, Playlist gemacht - ab nach...
... Vitznau! - Ja genau, das im Kanton Luzern... das am Vierwaldstättersee... das an der Rigi! Vitznau eben. Was ich da will, fragst du dich? Eine gute Freundin und ihren Ehemann - also gute Freunde von mir - besuchen. Und mich auf eine schöne Herbstferienzeit einstimmen. Das will ich! Es ist genial! Niggi und Maurice - ihr seid grossartig! Und Krümelmonster auch!
Tag zwei:
Sonntag. Fahren. Richtung Süden, auf jeden Fall. Unbedingt Sonne und vor allem: Temperaturen über 20 Grad!!!!! Das mit dem Winter haben sie nicht für mich erfunden. Unter zwanzig Grad sollte verboten sein. Die Autobahn hat mich wieder. Ich liebe es. Letztendlich bin ich wohl doch ein Trucker, der vor allem dann zufrieden ist, wenn er mehr als 400 km täglich zurücklegt. Ich habe heute ein Ziel: Montélimar. Das erreiche ich bereits um vier Uhr, so dass ich mich frage, ob ich noch etwas weiter ziehen soll. Ich lasse es aber sein und übernachte einmal mehr auf der Autobahnraststätte in Montélimar. Zufrieden geniesse ich mein Nachtessen, inmitten der Trucks, umgeben von Diesel und Fernfahrerromantik. Ich habe den falschen Beruf, glaube ich langsam. Ach tut das gut.
Tag drei:
Montag. Heute gegen acht geht es los. Zuerst mal zum Pont du Gard. War ich schon oft, ist aber immer wieder toll. ich erinnere mich, wie ich als Kind noch ohne Eintritt und ohne Sicherheitsvorkehrungen ganz oben auf der Brücke ging. Wie der Verkehr noch über die Brücke führte. Wie ich dann als Student schon mit Eintritt immer noch ganz oben auf der Brücke gehen durfte. Und heute sehe ich, dass das alles nicht mehr möglich ist. Die Brücke kann nur noch von unten besichtigt werden - und es kostet viel Eintritt. Wozu eigentlich? niemand, der heute daran verdient, hat je an dieser Brücke gebaut. Die Römer sind lange tot - weshalb soll ich da Eintritt bezahlen? Okay, der Unterhalt des Monuments kostet - macht Sinn. Ich bezahle und geniesse einmal mehr das mehr als 2000 Jahre alte Bauwerk. Hühnerhaut.
Tag drei; zweiter Teil:
Montag Nachmittag. Dann geht es weiter nach Nîmes. Dort gehe ich zum ersten Mal mitten in die Stadt. Erfreut über deren Schönheit bleibe ich eine Stunde und geniesse das Zentrum. Dann fahre ich über die Landstrasse nach Saintes Maries de la Mer. Auch mit diesem Ort verbinde ich Kindheitserinnerungen. Und natürlich auch spätere. Aber immer wieder war ich hier und es ist immer wieder schön. Heimkommen, fast. Die Cabanes, die Pferde, die Flamingos, das Meer. Alles sieht zwar heute anders aus - aber der Vent du Midi ist immer noch da. Der Mistral, der Zauber der Camargue. Ich bin zuhause.
Tag vier:
Dienstag. Tja, wie das so ist, wenn man noch schnell packt… da kommt nicht alles mit. Diesmal ist der ganze Stapel Frottee zuhause geblieben. Festgestellt gestern Abend, nach der Fahrerei und nach Ladenschluss. Oopsie… nicht duschen, bis etwas Neues beschafft werden kann. Also heute! Schnell ins Dorf, im ersten Touri-Shop (Nidi wäre neidisch geworden) zwei Strandtücher gekauft. Endlich Wasser! Ah, tut das gut. Und es hat definitiv weniger Fliegen (plötzlich). Okay, es sind trotzdem zu viele, lästig viele.
Dafür ist Saintes-Maries wie seit je sehr schön. Es ist jedoch riesig geworden, verglichen mit vor vierzig Jahren, aber zeitlos schön. Und immer noch die Hochburg aller Gitanes (= Zigeuner). Sie nehmen dir wie gewohnt dein ganzes Geld ab und lesen dir danach alles Gute aus der Hand. Nun, einmal pro zehn Jahre lasse ich das zu und buche es als Spende ab. Schliesslich haben es die Gitanes in Frankreich nicht leicht. Da ist ein wenig Unterstützung durchaus angebracht.
Das Meer ist noch herrlich warm. Baden, geniessen, entspannen - richtiges Leben. Eben.
Tag fünf:
Mittwoch. Ich verlasse Saintes Maries so gegen Mittag. Es hat heute Nacht geregnet, der Wind ist eingefahren. Immer wieder verdecken dunkle Wolken die Sonne und mahnen mich daran, weiter zu ziehen. Ich beschliesse, entweder nach Martigues oder nach Cassis zu fahren. Martigues gewinnt. Ich richte mich gemütlich auf dem selben Campingplatz ein, den ich schon einmal besucht habe: Camping Le Mas, in der Nähe von Sausset les Pins. Das ist ein gemütlicher Camping auf einer Felsküste, gerade neben der Chapelle Sainte-Croix, welche in einem Spielfilm vorkommt. Dort treffe ich kurz nach Mittag ein und geniesse die Nachmittagssonne. Leider ist auch da der kühle Wind, der die Sommerstimmung etwas trübt. Ich werde aber zwei Nächte da bleiben und Marseille danach grossräumig umfahren.
Tag sechs:
Donnerstag. Der T2 in meinem Buch heisst "Bienchen" und spielt eine grosse Rolle. Ich schreibe heute der Autorin, dass ich auf einem ähnlichen Roadtrip bin. Heute hat der Wind endlich nachgelassen. Die Gegend zeigt sich wieder von ihrer sanften Seite. Ich wandere auf den Klippen ins Nachbardorf und auch wieder zurück. Danach geniesse ich, begleitet von fünf plappernden Französinnen, einen herrlichen Fisch im Küstenrestaurant, gleich neben der Chapelle St.Croix. Auf dem Campingplatz sind die Eichhörnchen die ständigen Mitbewohner. Sie klettern über den bud, auf den Bäumen, rennen unter dem Bus durch und lassen ihre Nussresten in meinen Kaffee fallen. Freche kleine Biesterchen, diese buschigen Dinger.
Nach dem Mittagessen geniesse ich den freien Nachmittag und einen herrlich romantischen Sonnenuntergang. Ich schreibe Texte und lese mein Buch fertig.
Tag sieben:
Freitag. Okay, Candy ist nicht Dorie. Wir fahren. Aber wir fliehen vor den dräuenden Wolken, welche sich grau-schwarz auftürmen. Wir verlassen die Autobahn bei Nice und fahren mitten auf die Strandpromenade. Ich finde für Candy einen (mit 1.80m angeschriebenen...) tollen Stellplatz und erkunde Nizza zu Fuss. Das ist schon noch eindrücklich, diese Schicky-Micky-Statt. Die Autos werden teurer und die Boote grösser, je näher wir Monaco kommen.
In Nizza esse ich wieder mal Fisch und gehe etwas shoppen. Profumi, für Italien. Danach geht es auf der Hauptstrasse nach Monaco. Dort treffe ich bei dunklen Wolken mitten im Feierabendverkehr ein. Ich halte nicht, suche die Autobahn und fliehe an eine weniger verstopfte Küste. Dort finde ich einen gemütlich lauten Campingplatz mit vielen feiernden Kindern (irgend ein Lager), einigen Touristen und vor allem einem sehr guten Rotwein. Ich bin in Italien. Home sweet Home.
Tag acht:
Samstag. Zuerst muss ich heute mal herausfinden, wo ich eigentlich bin. Das Dorf heisst Ceriale - also fast wie Frühstücksflöckli. Und genau so verführerisch sieht es auch aus. Gar nicht so schlecht, der Ort hier. Wahrscheinlich wäre eine Fahrt mit der Eisenbahn hier sehr eindrücklich, denn die Geleise führen unmittelbar am Strand entlang. Um ihn zu erreichen, muss man eine der wenigen Unterführungen nehmen.
Nach meinem Morgenkaffee fahre ich wieder Autobahn und entdecke dabei eine Self-Waschanlage. Endlich darf auch Candy mal duschen. Die tausend Mücken haben bereits den Sensor des Tempomaten irritiert - als weg damit. Ich habe viel Spass dabei, beim Car Wash. Blitzblank und stolz wie ein Pfau cruisen wir danach weiter Richtung Toscana, wühlen uns dazwischen durch das Zentrum von Genova. Ab La Spezia fahre ich nur noch 100 km/h, weil meine Verwandten kurz hinter mir sind und mich einholen sollen. Keine Ahnung, wo die noch durchgefahren sind, denn sie schaffen es nicht. Ich gehe unterdessen schon mal im Conad einkaufen, damit wir dann Aperitivo nehmen können, wenn sie in Vada eintreffen. Wir belegen vier Standplätze, eine ganze Woche lang.
Tag neun:
Sonntag. Heute trifft der Rest meiner Familie ein. Jetzt sind wir dreizehn Leute auf unseren Plätzen. Ein kleines Dorf mit Wohnwagen, Candy und drei Zelten. Wir verbringen den Tag mit Essen und Aperitivo. Die Sonne unterstützt die Ferienstimmung, wir haben viel Spass. Es ist grossartig, eine so tolle Familie zu haben. Meine Schwester hat die Woche straff organisiert. Jeden Tag sind zwei andere dran mit kochen und bewirten. Den Anfang machen mein "Göttimeitli" mit ihrem Ehemann. Schon alleine der Einkauf ist ein Event, aber das Kochen am Abend, mit grossen Pfannen auf der Aussenküche, das ist einfach nur Feeling pur.
Genau so müssen Familien-Ferien sein. Alle haben Spass und wir plaudern, quatschen, spielen, geniessen.
Tag zehn:
Montag. Es regnet. Beinah verliere ich im Schlaf meine Sonnenmarkise, denn ein riesiger Wassersack hat sie eingedrückt. Ich kann aber einen grösseren Schaden verhindern - dafür ist nun tutto bagnato. Wie uncool ist das denn! Da hat es meine Freundin auf Sardinien deutlich angenehmer, wie ich aus ihren Bildern immer wieder sehen kann. Ich gönne es ihr! Tja, damit habe ich nun etwas Zeit, die Standheizung zu nutzen, Bücher zu lesen und Texte (sie diesen hier) zu schreiben.
Ich beginne auch damit, meine Arbeiten zu korrigieren - schliesslich habe ich ja auch das noch vor. Gegen Mittag trocknet es etwas ab. Der Schaden ist aber angerichtet und ich muss überprüfen, ob meine Markise überhaupt noch richtig funktioniert. Die beiden Stelzen werden nun sturmsicher verankert. Der Wind setzt ein.
Tag elf:
Dienstag. Markttag. Wir fahren (wie jedes Jahr) an den Wochenmarkt in Cecina. Dort hat es in diesem Jahr vor allem Touristen. Da ich ziemlich gestresst aufgewacht bin, gehe ich zuerst zu einem Cappuccino in einer Bar. Die restlichen Männer folgen mir, die Frauen verduften sofort im Marktgetümmel. Nach der morgendlichen Stärkung schlendern auch wir kurz durch den Markt und setzen uns danach wiederum in eine Bar, diesmal zum Aperitivo.
Gegen Mittag treffen die Frauen wieder ein. Wir geniessen un gelato und fahren anschliessend zum Strand zurück. Siesta, korrigieren, schreiben und essen. Dazwischen Tücher waschen und Campingplatz wieder einrichten. Das Wetter bessert sich.
Tag zwölf:
Mittwoch. Das Wetter ist schon wieder recht gut. Wir beschliessen, nach der abgesagten Wein-Degustation, auf eigene Faust nach Bolgheri zu fahren und uns dort etwas zu genehmigen. Bolgheri ist immer eine Reise wert. Wir geniessen zu dritt ein herrliches Mittagessen bei Elena und dazu auch einen wunderbaren Wein. Schliesslich kaufen wir viel Wein und fahren damit in Richtung Zeltplatz zurück.
Heute bin ich dran mit kochen. Ich mache mit Michelle zusammen Hamburger. Einer davon ist 300 g schwer - für den grossen und langen Gast. Einmal mehr ein herrlicher Familientag.
Tag dreizehn:
Donnersatg. Die meisten der Jungen sind noch nie so richtig in der Toscana gewesen. Deshalb fahren sie heute nach Pisa, nach Lucca, nach Viareggio und so. Ich bleibe auf dem Campingplatz und geniesse einmal mehr das Nichts-tun. Aperitivo am Strand, korrigieren unter der geretteten Markise, Sonne geniessen.
Dazwischen Treffe ich mich zum Mittagessen mit meinem Göttibub und seiner Familie, welche bei uns im Haus (Pastina) wohnen. Das ist eine willkommene Abwechslung, denn wir haben uns lange nicht mehr gesehen. Wir gehen Pasta essen in Cecina und plaudern viel. Danach das obligate Gelati - auch hier sind die Ferien so richtig angekommen.
Tag vierzehn:
Freitag. Die Sonne hat uns so richtig wieder. Herrlich warm, Strandbar geniessen, lesen, schreiben. Korrigiert habe ich inzwischen fertig. Somit kann ich auch einfach bloss mein Buch fertig lesen und mich erholen. Endlich richtige Ferien. Akku laden, Kopf leeren, Seele baumeln lassen. Wunderbar.
Am Abend gehen wir alle zum Strand und schiessen unvergessliche Sonnen-Untergangs-Fotos. Wir haben es richtig lustig und gestalten ein richtiges Casting.
Tag fünfzehn:
Samstag. Heute Nachmittag fahren wir kurz nach Pastina, zu meiner zweiten Familie, in unser Haus. Dort treffen wir meinen Göttibub Ennio nochmals und schauen uns vor allem die Olivenbäume an. Trauriges Bild, all die heruntergefallenen Oliven. Wir diskutieren, was man allenfalls hätte besser machen können und legen die Strategie für nächstes Jahr fest.
Ich bemerke, wie lange ich schon nicht mehr im Haus gewesen bin. Im nächsten Jahr will ich das deutlich ändern und wieder mehr hin fahren.
Danach werden schon die ersten Zelte abgebaut. Wir wollen morgen Sonntag recht früh los. Zum Abschied gehen wir im Restaurant gleich neben dem Campingplatz Pizza essen. Auch wieder einmal schön, nicht selbst kochen zu müssen. Es ist ein richtig friedlicher, aber lauter Abend.
Tag sechzehn:
Sonntag. Der Geburtstag meiner Schwester beginnt mit einem letzten, aber eher kurzen Frühstück. Danach fahren wir los. Zwei Autos, sieben Leute. Wir haben wenig Verkehr. Es staut nur kurz vor Mailand und dann am Zoll & Gotthard kurz. Nach einer problemlosen Fahrt treffen wir erholt und dennoch etwas müde in Remetschwil ein. Ich verabschiede mich und fahre mit Candy noch nach Lenzburg. Samstag bis Sonntag - so ausgiebig habe ich meine Ferien schon lange nicht mehr genossen. Grazie mille, mia famiglia, per questa settimana indimenticabile.