Die Idee zu dieser Reise hat das Wetter verursacht: mehr als eine Woche Hochnebel ertrage ich nicht mehr! Zudem hat man Temperaturen unter 20°C nicht für mich erfunden - einstellige Werte sind ein No-Go; die ertrage ich bloss noch mit viel Schnee und Sonnenschein in Nordamerika oder im Engadin.
Also: Ab in den Süden. Sizilien lockt mit Sonne, angenehmen Temperaturen und einigen geöffneten Campingplätzen. Es sind Schreibferien angesagt. Möglichst viel schreiben - und möglichst wenig andere Dinge tun, ausser Kochen natürlich - das zählt nicht dazu.
Für mein Buch (für die Werbung im Internet - möchte ich zudem Filmmaterial sammeln und dann einen Trailer zusammenmixen. Darauf freue ich mich. Fähre, Palermo, Sizilien - das gibt tolle Aufnahmen!
Die Vorzeichen standen nicht besonders gut. Zuhause ist Baustelle, ich konnte weder richtig packen noch mich sorgfältig vorbereiten. Auf die Schnelle habe ich auf einem Campingplatz reserviert - die Bilder sahen gut aus und die Bewertungen waren es auch.
Für die Überfahrt ab Genua buchte ich bei der gleichen Firma wie damals mit Fröschli - das war eine tolle Überfahrt durch die Nacht.
Bevor die Bauarbeiter kommen, fahre ich los. Noch schnell alles eingeladen und ab geht's. Die Frontscheibenheizung von Balu ist im Winter Gold wert. Eine Minute - und die vollkommen zugefrorene Frontscheibe ist eisfrei; ganz ohne kratzen.
Ich fahre in den Morgen hinein, Richtung Gotthard. Ich habe keinen Stress, die Fähre legt erst um 22 Uhr heute Abend ab. Noch ist es draussen bitterkalt, dafür kündigt sich ein schöner Morgen an.
Es läuft alles rund. Am Gotthard habe ich das Gefühl, in einen Privattunnel zu fahren. Niemand da, nur Balu und ich. Wir kommen problemlos bis nach Genua, treffen um die Mittagszeit dort ein. Ich darf noch nicht ins Fährareal fahren, frühestens um sechs heute Abend. Ich parke Balu in der Nähe und erkunde Genua zu Fuss. Am alten Hafen gibt es eine erste Pizza und etwas Weisswein - schliesslich muss ich bloss noch auf die Fähre fahren.
Falsch gedacht. Um drei am Nachmittag erreicht mich die Nachricht, man habe meine Überfahrt annulliert. Die Fähre habe einen technischen Defekt und falle aus. Also ab zum Ticketschalter und nach Alternativen suchen. Wir finden keine Lösung, auf die Schnelle gibt es auch keinen Platz auf einer anderen Fähre. 24 Stunden Zeit, um nach Ribera (bei Agrigento) zu kommen.
Hit the Road, Jack! - Die geplanten Filmaufnahmen muss ich nun halt improvisieren; schade.
Ich fahre los, Ziel Sizilien. Heute so weit, wie ich kann. Die Autobahn von Genua nach Livorno kenne ich schon sehr gut. Es ist immer noch eine einzige Baustelle - wie überall in Italien seit dem verheerenden Brückeneinsturz in Genua. Vorbei an La Spezia, vorbei an Livorno, Cecina - ich strande in San Vincenzo, dann bin ich zu müde.
Was für ein Tag gestern! Unvorhergesehen auf der Strasse. Zu allem Unglück leuchtet nach dem Starten des Motors eine kleine, orange Lampe mit einem Motor-Symbol auf. Das kann unmöglich ein gutes Zeichen sein. "Störung des Abgassystems", heisst es. Vom LKW her weiss ich, dass man damit gut fahren kann, kein Grund zur Sorge. Beim DAF ist das normal, dass etwas leuchtet - ein DAF ist erst dann defekt, wenn keine Fehlermeldung erscheint - aber ein fabrikneuer VW? Das verwundert mich dann schon etwas. Vor mir liegen 3000 Kilometer Autobahn und ich habe keinen Bock drauf, meine Ferien in irgend einer Werkstatt zu verbringen. Also los, ab durch die Mitte.
Ich komme gut voran. Die Strecke ohne Autobahn - zwischen Grosseto und Tarquinia - ist noch wenig stark befahren. Um Rom dann gibt es den Morgenstau, danach läuft es wieder gut.
Napoli ist wie immer ein Casino. Stau, Chaos - aber auch das löst sich danach auf. Heute ist nur fahren, Kaffee trinken, tanken und fahren angesagt. Ich schaffe 864 Kilometer und lande auf einem herrlich gelegenen Rastplatz bei Pizzo Calabro, in Kalabrien.
Morgen schaffe ich die Strecke bis Ribera locker. Jetzt aber heisst es: Schlafen.
Nach dem herrlichen Sonnenuntergang gestern folgt ein ebenso schöner Sonnenaufgang heute. Bei strahlendem Wetter kann die Fahrt weiter gehen.
Ich erreiche Villa San Giovanni problemlos und kann ohne zu warten gleich auf die nächste Fähre fahren. Ich nehme die Fähre für LKWs, nicht die Touristenfähre. Diese legt nämlich auf Sizilien weiter südlich an und ich umgehe damit die Stadt Messina.
Die ersten Kilometer auf Sizilien wage ich mich auf die Hauptstrasse. Keine gute Idee mit 3m Höhe. In jedem kleinen Dorf gibt es hunderte von Balkonen, welche in die engen Strassen ragen. Also muss ich nicht bloss links und rechts auf den Verkehr achten (die Dörfer ist einspurig eng und mit tausenden von Autos zugeparkt), sondern auch darauf, ob es oben reicht. Anstrengend.
Ich weiche bei der nächsten Gelegenheit auf die Autobahn aus, schliesslich will ich vorankommen. Der Blick auf den rauchenden und verschneiten Etna ist atemberaubend. Die Fahrt dauert etwas länger, weil ich langsamer fahre - und es geniesse.
Um die Mittagszeit erreiche ich mein Ziel. Bloss drei andere Camper stehen da, alles Deutsche.
Der Campingplatz ist leicht enttäuschend, aber was erwartet man schon im Winter. Zudem liegt er in einem reinen Feriendorf, alles ist geschlossen. Ich muss wohl oder übel morgen noch einmal wegfahren und im nächsten Dorf einkaufen gehen. Dafür gibt es wieder einen schönen Sonnenuntergang.
Es regnet. 😝 Na dann, ich wollte ja Schreibferien machen, nicht Strandferien. Dass aber zusätzlich meine Kaffeemaschine ausgerechnet heute den Geist aufgibt, das ist wirklich übel. Kein guter Start in den Tag.
Heute kommt ein Fischhändler vorbei, der frisch gefangenen Fisch verkauft. Super - ich kaufe ihm drei Filets ab. Die werde ich dann mit Tomaten und Reis zubereiten; darauf freue ich mich jetzt schon.
Das Wetter wird am Nachmittag besser. Ich wage einen Spaziergang zum Strand. Im Dorf hat es zu viele kläffende, wütende und vor allem frei herumlaufende Hunde. Nicht mein Ding. Am Strand hätte es aber fünf ganz tolle Stellplätze für WoMos. Wahrscheinlich sind die im Sommer nie frei, aber jetzt hätte man Platz.
Ich bin mit meinem Camping zufrieden. Die WCs und die Duschen sind sauber, Platz hat es auch genug. Prima. Beim Einkaufen habe ich Olivenöl und Salz vergessen. Zum Glück kann ich meinen Nachbarn etwas davon abkaufen. Heute gibt es scharfe Penne (mit Sauce aus Kalabrien).
Sonne satt! Angenehme 16 Grad, ach - da kann es zuhause noch so viel Schnee haben, ich bin glücklich hier. Nach der Pension wird man mich von Oktober bis April wohl kaum einmal in der Schweiz antreffen. Dazu ist so ein WoMo halt einfach zu genial.
Die gute alte Italo-Kaffeemaschine erhält ihr Comeback. Herrlich.
Schreiben und sonst nicht viel machen. Der Freitag ist ein Tag, wie ich ihn geplant hatte. Meine Geschichte kommt voran. Es macht richtig Spass und ich freue mich darauf, mit meinen Autorenkolleginnen dereinst eine Schreibwoche in der Toscana zu planen. Ich muss bloss noch meinen Schwager überzeugen, den Umbigwe (= den Koch) zu spielen...
Der Fischverkäufer kommt wieder. Er wird richtig aufdringlich und versteht auch ein italienisches Nein nicht. Wohl oder übel nehme ich die Calamari, die er mir verkaufen will.
Beim Kochen merke ich, dass sie keineswegs frisch sein können. Die Hälfte muss ich liquidieren. Schöner Reinfall - Junge, du hast mir zum letzten Mal etwas verkauft.
Das Risotto mit den Calamari wird trotzdem lecker!
Uuhh - heute haben sie den Wind angestellt. Es ist herrliches Sonnenwetter, aber der Wind ist saukalt. Dann schreibe ich halt drinnen - geht ja auch. Das macht zwar weniger Spass, ist aber sicher immer noch besser als zuhause im Hochnebel und mitten in der Baustelle. Ich liebe meinen Balu!
Der aufdringliche Fischverkäufer kommt wieder. Da ich aber drinnen sitze, hat er diesmal schlechte Karten. Leider kann ich nicht draussen kochen - der Wind ist zu stark.
Und wieder folgt ein herrlich sonniger, aber kalt windiger Tag. Schreiben drinnen, Kaffee trinken draussen. Die Wetterkarte verheisst nichts Gutes. Ab morgen Montag soll das schlechte Wetter einfahren - für mindestens vier Tage; je nach APP.
Ich beschliesse, schon einen Tag früher als geplant loszufahren und dafür noch Tipps von einem Schweizer, den ich hier am dem Camping kennenlernen durfte, anzufahren.
Heute kann ich endlich den Fisch kochen. Zusammen mit Risotto wird das ein sehr leckeres Abendessen. Dieser Fisch war den ganzen Ärger mit dem Verkäufer wert - er schmeckt herrlich.
Die Werbevideos sind fertig. Ich bin ziemlich zufrieden. Ich hoffe, es gefällt allen. Die Videos werden auf die Homepage verlinkt und erscheinen beim Crowdfunding.
Heute ist die Abfahrt geplant. Ich möchte in Kalabrien noch Freunde von Dina besuchen gehen. Als ich den Motor starte, ahne ich aber eine Planänderung: Da leuchtet so ein gelbes Licht, mit einem Motorsymbol. Das klingt nicht wirklich gut. Motorsymbol macht selten Freude - vor allem wenn rund 1200 km bevorstehen. Aber dazu später mehr.
Bei herrlichstem Sonnenschein kann ich alles im Trockenen einpacken. Von Südwesten her kommen aber sehr dunkle Wolken angerauscht. Als ich fertig bin, will ich bezahlen gehen. Der gute Mann will Bargeld ohne Quittung (logisch wieso). Ich habe aber kein Bargeld. Er sagt, ich solle einfach im Dorf Geld holen und danach noch einmal vorbeifahren - das nennt sich Vertrauen.
Logisch, dass ich das so mache. Im Dorf Ribera einen Bankomaten zu finden, wo man gleichzeitig ein Siebenmeterfahrzeug parken kann, ist ein Abenteuer. Nach etwa einer Stunde habe ich aber mein Bargeld und kann bezahlen gehen.
Gegen zehn fahre ich los. Im Internet habe ich eine Adresse in Agrigento (VW-Werkstatt) herausgesucht. Diese sollte ich anfahren, bevor ich mich auf die lange Reise wage.
Weil ich unterwegs bei den Scala dei Turchui noch einen Zwischenstop einlege, erreiche ich die Werkstatt erst gegen halb ein Uhr. Um eins wollen sie schliessen. Ein sehr guter (junger) Mechaniker hat Mitleid, geht später in seine Mittagspause und nimmt sich dem Problem an.
Mäuse (oder Ratten oder Marder) haben einen ganzen Kabelstrang durchgefressen. Na toll! Zuerst heisst es, man müsse alles auswechseln, den ganzen Kabelbaum. Das daure - ohne Garantie, dass es mit den Lieferterminen klappt - drei Tage. Während ich meinen Heimtransport zu organisieren beginne, macht sich der junge Mechaniker an den Kabeln zu schaffen. Er schneidet alle losen Enden ab und entfernt die Isolierung. Dann setzt er kurze Verbindungsstücke aus neuen Kabeln in jeden einzelnen Strang. Anschliessend isoliert er alles wieder sauber ab. Problem behoben - in weniger als einer Stunde! Der Kerl ist genial!
Noch vor zwei Uhr kann ich ohne Probleme weiterfahren. Das Ausstellen der Rechnung am Computer (fünfzig Euro) hat länger gedauert als die Reparatur des Nagerschadens. Wow!
Flott erreiche ich noch am selben Abend Messina. Ich kann noch auf die kleine Fähre fahren und gelange so aufs Festland. Kurz nach Messina ist dann aber Schluss. Ich mache Feierabend.
Herrlich geschlafen. Heute ist ein Fahr-Tag. Ich möchte bis etwa Höhe Rom kommen. Also geht es früh los, gleich nach dem ersten Cappuccino, natürlich. Die Morgenstimmung ist wunderbar. Es kündigt sich ein herrlicher Sonnentag an. Bei Pizzo Calabro gehe ich von der Bahn weg und fahre ein Stück Landstrasse, immer mal wieder mit kleinen Abstechern zum Strand. Das ist herrlich - da gibt es viele Orte, wo man auch übernachten könnte.
Durch die Berge gelange ich dann in einen Schneesturm. Es ist saukalt draussen, aber mein XL-Bulli läuft wunderbar. Unterwegs schiesse ich viele tolle Bilder (folgen später).
Ich geniesse die Fahrt - die Autobahn ist halt doch mein zweites Zuhause.
Dieses Mal nehme ich die grosse Umfahrung um Napoli. Zum ersten Mal sehe ich den Vesuv von dieser Seite - auch spektakulär. Gute Musik, ein zuverlässiges und bequemes Fahrzeug, Sonne und vor allem freie Autobahn - was willst du mehr. Nach zirka acht Stunden reiner Fahrzeit mache ich rund hundert Kilometer vor Rom Schluss. Natürlich könnte ich noch bis in die Region um Grosseto durchfahren - aber es muss ja nicht sein. Ich finde einen tollen Rastplatz, auf dem ich bleiben werde. Ankerbier!
Heute fahre ich noch in Dunkelheit weg. Ziel ist Cecina, das ich um die Mittagszeit erreichen möchte. Die Morgensonne über Rom - ein unbezahlbarer Blick auf die Stadt tut sich auf. Die Strassen Roms sind wie immer Casino - aber ich habe ja Zeit. Danach geht es flott voran, das Wetter wird immer besser.
Tatsächlich erreiche ich Cecina am Mittag und kann im grossen Conad einkaufen gehen. Mein Bus ist nun voll mit Wein - bevor ich morgen losfahre, muss ich das Wasser ablassen. Der Camping Bocca di Cecina hat ganzjährig offen, herrlich saubere und moderne Sanitäranlagen und liegt wirklich nur ein Katzensprung von Cecinamare weg.
Hier bleibe ich noch eine Nacht, dann geht es morgen via den gewohnten Weg heimwärts. Heute ist noch einmal ein Nachmittag schreiben angesagt.